Ein Fischerdorf mit Geschichte
Die Motive und die passende Filmemulation sollten immer im Einklang zueinander stehen. Bei den folgenden Bildern eines Stadtteiles sind dieser etwas erdige Retrolook des Classic Chrome und die Scenerie wie füreinander geschaffen.
El Cabanyal muss früher einmal idyllisch mit einem traumhaften Sandstrand am Mittelmeer gelegen haben. Die Häuser zeugen heute noch vom Wohlstand eines vergangenen Jahrhunderts. Strand, Meer und traumhafte Lage sind geblieben, doch längst hat Valencia dieses Quartier als Stadtteil vereinnahmt. In den 1990ern sollten ganz viele Häuser einem großen Straßen- und Standortprojekt weichen – die breite Avenida de Blasco Ibáñez sollte bis zum Meer durch das Viertel geführt werden. Dieses weckte starken Widerstand bei Anwohnern, Denkmalschützern und Künstlern. Nachdem dieser erst erfolglos erschien und einige Häuser abgerissen wurden, konnte die weitere Zerstörung erst nach der Immobilienkrise 2010 durch Madrid gestoppt werden.
Neuanfänge
Anscheinend blieb hier wegen der Unsicherheit des Umbaus über Jahrzehnte die Zeit stehen und der jetzige Zustand ist auch nur schwer zu beschreiben. Aus meiner Sicht lässt sich der Stadtteil am Besten mit „Berlin-Kreuzberg vor der Gentrifizierung“ vergleichen. Es ist zu spüren, dass bereits einige der alten Gebäude liebevoll instandgesetzt wurden. Sie wirken oft wie noch einsame Leuchttürme zwischen anderen Häusern, die gerade dabei sind zu zerfallen. Bin mal gespannt, ob und wie es angesichts der noch nicht absehbaren Wirtschaftslage weiter gehen wird.
Jorges Airbnb ist ein gutes Beispiel für die Struktur hinter so mancher Fassade. Aussen unscheinbar und innen äusserst stilvoll – ein Loft zum Wohlfühlen mitten im Viertel.
Ok – Plastiblumen sind nicht jedermanns Geschmack. Doch auch mit kleinen Mitteln sorgen die Bewohner immer wieder für kleine bunte Lichtblicke und ein wenig Idyll.
Die Menschen
Das Leben findet zu großen Teilen auf der Straße statt. Die teils engen Wohnsituationen und das meist angenehm mediterane Klima begünstigen dieses Lebensweise.
Der Wochenmarkt
Einmal in der Woche wird eine breite Hauptstraße für den Verkehr gesperrt und unzählige Händler bauen ihre Stände auf.
Habe ich bereits erwähnt, dass ich mich in meinem Beruf mit Bekleidung beschäftige? Ich wurde sprachlos, als ich diese ungeordneten Berge von Klamotten und im Chaos wühlenden Besuchern sah. Selbst regelmäßig mit allen Formen des optimalen Merchandising konfrontiert, sehnte ich mich nach dem Rundgang nach so etwas wie einem Mindestmaß an Struktur und Ordnung.
Auffallend auch die Preise. Man spürt, dass die Kaufkraft nach der Rezession 2009 immer noch auf sehr niedrigem Niveau verharrt. Stände mit Bekleidung für 1-2 Euro das Stück waren eher die Norm als die Ausnahme. Und das mitten in unserem gemeinsamen Europa.
Wie Ihr seht, hatte ich das kleine 18mm-Pancake genutzt. Es ist klein und zusammen mit dem Body nicht so aufdringlich auf einem solchen Markt.
türkis oder blau – meine Classic Chrome-Anpassung
Classic Chrome ist zurzeit meine Lieblingsfilm-Emulation – nicht für alle Bereiche, aber für ganz viele. Gerade in solch alten Stadtviertel kommt dieser leicht braun-erdige Look gut heraus. Doch für meinen Geschmack werden Blautöne etwas zu sehr in die Türkisrichtung verändert. Bei den meisten der in diesem Beitrag gezeigten Bildern mit nur geringem Himmelblau spielt das eine eher untergeordnete Rolle. Doch dort, wo der Himmel klar und – in meinen Augen – blau strahlt, verändert Classic Chrome den Bereich gern in ein leichtes türkis.
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Links die original Classic Chrome-Variante und rechts mit Farbanpassung für blau. Sieht man den Unterschied?
Um dieses meinem Geschmack anzupassen, gehe ich in Lightroom in die „Kamerakalibrierung“, also dorthin, wo auch die Filmemulation eingestellt wird. Den Regler für den Farbton Primärwert Blau schiebe ich auf +15. Am Besten ist es, vorher alle betreffenden Bilder zu markieren, auf synchronisieren stellen und alle auf ein Mal zu verändern. Man könnte das schon als Vorgabe beim Import steuern, doch wie schon oben erwähnt, sind beim Import oft noch andere Serien, z.B. Aufnahmen mit viel Grüntönen dabei, für die ich die Provia-Variante vorziehe.
Leider weiss ich nicht, wie IHR die Fotos dargestellt bekommt. Auf meinem kalibrierten EIZO sehe ich einen großen Unterschied und auf meinem billigen Laptop-Display nichts – genau genommen garnichts. Dabei habe ich die Anpassung schon auf +25 erhöht und in Kauf genommen, dass die weissen Wolken in der Anpassung einen leichten margenta-Schimmer bekamen.
Einen Besuch wert
Meine Quintessenz: Wenn Ihr eine Foto-Reise nach Valencia unternehmt, dürft Ihr dieses Viertel auf keinen Fall verpassen. Es lohnt sich!
3 Gedanken zu “Classic Chrome – El Cabanyal”
sehr schön, ich mag den dezenten farbbearbeitungston sehr gern. überhaupt finde ich es spannend, wie die bildbearbeitung sich in den letzten jahren geändert hat. während vor einiger zeit noch extreme lomo-filter hip waren, ist die anpassung jetzt eigentlich viel subtiler und ästhetischer. jedenfalls gefälllt mir deine serie gut!
Ja. Classic Chrome hat was. Verwende ich bei meiner X100F oft und gern.
Manchmal hätte ich gern noch eine eher „buntstiftartigen“ hellere Retro-Variante. Die Farben so etwas verblichener, aber dabei trotzdem noch intensiv. Nicht so „bräunlich-erdig“, sondern leicht, vielleicht auch ein kleines bisschen überbelichtet. Habe da schon einiges probiert, doch meine Wunschvorstellung noch nicht erreicht. Dumm dabei ist ja, dass sich die Rezeptoren des eigenen Auges ziemlich schnell an die aktuelle Arbeit anpassen und man deshalb mE. nicht stundenlang dran bleiben kann.