AAA – AAD – ADD – DDD
nurxso… über das Mischen von analogem und digitalem
Einen Kleinbildfilm in die alte Kamera einlegen, spannen, auslösen, weitertransportieren. Die Langsamkeit geniessen, das Geräusch des Auslösers feiern. Schon nach 24 oder 36 Aufnahmen alles beenden. Und voller Spannung einige Tage auf das Ergebnis warten.. .
Die Prints zeigen dann einen einzigartigen Look. Das sanfte bis schroffe Filmkorn zeichnet die Details ganz anders als digitale Körnungsversuche.
Doch was passiert dann meistens?
Ab in den Scanner! Während der Aufnahmeprozess als prädigitaler Vorgang gefeiert wird, kommt das fertige Negativ oder Dia dann in den Digitalisierungsapparat. Für die meisten Menschen – so sie nicht in Dunkelkammern ihr lichtempfindliches Fotopapier ausbelichten – endet hier das archaische Fotozeitalter.
Es ist ja auch praktisch. Man kann es anschliessend mit seinem Fotodrucker selbst ausdrucken oder mit Freunden teilen. Pragmatisch und sinnvoll. Es ist definitiv aber KEIN vollständig analoges Bild mehr! Sorry!
AAD, ADD oder DDD
Kennt noch jemand die Bezeichnungen auf den alten Musik-CDs? Dort gab es auf der Rückseite eine Info über den Verlauf des Signalprozesses.
Wäre es nicht sinnvoll, seine auf Film entstandenen Motive, die eingescannt wurden, nach diesem Muster auszuweisen?
1. Buchstabe Erstellung durch Film- oder Digitalkamera
2. Buchstabe Bearbeitung durch Hilfsmittel der Filmchemie (Art Entwickler etc./Einscannen nach analoger Vergrößerung) oder digitales Fotobearbeitungsprogramm
3. Buchstabe Ausgabe als Print oder ein digitales Format
Und wie stehen wir dazu, wenn wir aus digitalem analoges herstellen?
Wenn man die Buchstabenkombinationen betrachtet, fehlt noch mein persönlicher Favorit: DDA! (diese Kombi konnte nie auf einer CD stehen!)
Gemütlich draussen bei einer Tasse Kaffee sitzen, das Fotobuch in die Hand nehmen und genüsslich die Seiten umblättern. Ein haptische Tätigkeit ohne jegliches Flimmern eines Bildschirm. Es entsteht – mit digitalem Vorverfahren incl. Aufnahme – ein analoges Produkt.
Für mich als Betrachter, also als Adressat der Bilder, wird das Produkt HIER zu einer analogen Erfahrung. Während also der Fotograf sich und den Negativfilm feiert, erlebt der Betrachter von Prints erst an dieser Stelle seinen persönlichen analogen Moment.
Warum sonst gehen wir so gern in Fotoausstellungen? Weil es eine analoge Betrachtung ist, für die wir Wege und Eintrittspreise gern in Kauf nehmen. Und ganz egal, ob ADA oder DDA enstanden.
Ehrliche Differenzierung
Ich würde mich freuen, wenn wir uns alternativ zu dem simplen „analog oder digital“ ein feineres Unterscheidungssystem angewöhnen würden. Denn die Wirklichkeit ist auch nicht so eindeutig, wie die einfachen Begriffe vortäuschen.
Vielleicht auch nicht durch diese Buchstabenkombinationen. Alternativen wären zum Beispiel „voll analog“ oder „digitalisiertes Analog“, auch wenn sich das viel zu kompliziert anhört. Es wäre aber ehrlicher.
4 Gedanken zu “Was heisst hier „analog“?”
Moin Jürgen,
ich glaube, viele Menschen haben das Sehen verlernt. Aber viele Menschen schauen ja auch schon beim Knipsen gar nicht mehr hin und halten drauf. Für diese kommt ein automatisches Bucherstellungsprogramm gerade recht. Und denen ist auch egal, in welcher Form Bilddaten weiterverarbeitet werden.
Und genau das macht es für die anderen wie Dich und mich zu einem Ärgernis. Denn das Angebot nach wirklich guten Ausbelichtungen schrumpft. Und genau da wüsste ich als Endverbraucher wirklich schon gerne, welchen Prozess mein Bild nimmt. Zumal wir selbst noch ganz klassisch Fotoalben nach den Urlauben machen und unsere eh schon analog aufgenommenen Bilder am liebsten auch auf Fotopapier bekommen und nicht als Druck. Ich bin wieder soweit, zumindest ein eigenes Schwarz-Weiss-Labor einzurichten und dieses Prozess selbst zu machen. Für die Nutzung im Internet hilft dann allerdings ausschließlich der Scanner. Aber um Bilder zu genießen, da bleiben wir wie Du am liebsten analog.
Hallo Kai,
„Ausbelichten“ ist ein gutes Stichwort. Wird in den Laboren das Negativ zur Bildoptimierung erst eingescannt und dann auf Fotopapier projeziert? Wäre dann ja auch nicht mehr vollständig analog. Informieren die Firmen darüber? Gute Frage…
Da musst Du wohl das Licht Zuhause ausknipsen und selbst dran!
Mein analog-Problem liegt aber in Form von einigen Aktenordnern mit Familiengeschichte im Schrank. Hätte das heute lieber in digitaler Form, doch das Negative-Einscannen ist bei der Menge absurd. So ist es schwer teilbar – besonders mit allen in der Familie.
Wegen dieser Erfahrung der Unzugänglichkeit analoger Vergangenheit ziehe ich derzeit den Pixelkram vor. Vom optischen Ergebnis her würde ich lieber einen Film einlegen, doch bei mir siegt dann doch der Pragmatismus.
Ich schaue mir oft die Alben meiner verstorbenen Eltern an. Die Bilder gehen zurück bis ins Jahr 1900. Negative gibt es dazu nicht. Was mir aber aufgefallen ist, dass lange nicht so viel fotografiert wurde wie heute, die Qualität der Bilder aber eine ganz andere war. Auch die Abzüge zum Teil im Format 9×6 cm haben ihren Charme.
10 Jahre sind in einem Album zusammen gefasst und es macht Freude, diese Bildfolgen zu sehen. Auch, wenn es von einem Urlaub nur 5 Bilder gibt. Aber diese fünf Bilder erzählen ihre Geschichte.
Und dann sehe ich meine Anzahl der Filme der letzten vier Wochen in Finnland und Schweden, es sind 30 Stück. Natürlich auch für meine Seite. Die wenigsten werden im Album landen und doch wird es eines füllen.
Vielleicht sollten wir aber wieder lernen, Bilder zu limitieren.
Ich habe auf Åland einen Fotografen getroffen, er betreibt die größte fototechnische Sammlung in Nordeuropa. Eine traumhafte Begegnung. Er zeigte mir ganz stolz seine jüngsten analogen Werke. Jedes gerahmt. Jedes Motiv mit so viel Liebe und Vorbereitung gemacht. Seine digitale Zeit habe er hinter sich, meinte er. Lieber mache er weniger. Vielleicht wäre es eine Idee, aus Deinen Ordnern jeweils ein Bild des Jahres heraus zu suchen und genau das der Familie zugänglich zu machen. Vielleicht ist das sogar ein Weg, Bilder wieder zu betrachten anstatt zu konsumieren.
Lieber Gruß
Kai
Wieder den Wert des einzelnen Bildes erkennen – wie wahr und gleichzeitig schwer. Da hast du den Nagel auf den Kopf getroffen. Das macht die Fotografie aber deutlich komplizierter. Ich glaube das kann ich nicht.
Besonders die Auswahl hat doch unendlich viele Kriterien. Für wen und in welcher jeweiligen Lebenssituation soll ich auswählen? Und wie kann ich das antizipieren? Oder sollte ich nur aus fotografischer Sicht eigene Denkmäler suchen?
Bin da überfordert.
Jürgen