Leuchtturm Westerheversand – eine dreiste Kopie!

WER ES GLAUBT

Leuchtturm Westerheversand
Dieses Bild kennt ihr sicher – Leuchtturm Westerheversand. Und das Original?

Habt ihr euch schon mal gefragt, warum man so einen großen Klotz mitten in ein Wattenmeer-Naturschutzgebiet bauen kann? Wer hatte die Idee? Und dann noch so hoch – viel höher als alle umliegenden Gebäude? Die Bürger und Bürgerinnen sind ja bislang nicht als notorische Kopierer geistigen Eigentums aufgetreten, aber die folgende Geschichte lässt ihr nordisches Dasein vielleicht in einem ganz neuen Licht erscheinen.

Ein Aufklärungsversuch….

Unser Original

Wir liefen eines Tages am Strand von Sankt-Peter-Ording entlang und liessen uns auf eine Teepause im Sand nieder. Als wir unsere Thermoskanne und die Tassen herausholten, fiel es uns plötzlich auf: Man hatte uns kopiert! Was für ein dreistes Immitat von Kanne und Tassen mussten wir am Horizont entdecken!

Selbst die Ringel hatten sie am Turm übernommen. Zwar haben sie versucht, ihre Kopie durch eine geschmacklose rot-weisse Farbkombination unkenntlich zu machen. Klar, im Wattenmeer wäre unser grünes Original viel natürlicher gewesen, aber man hatte in Westerhever ja etwas zu verbergen.

Thermoskanne und Leuchtturm Westerheversand
DAS Original – ein Entwurf, der für ein Bauwerk im Wattenmeer kopiert wurde

Zurück am Campingplatz sahen wir auch, warum uns das jahrelang nicht aufgefallen war. Man hatte in der unendlich flachen Ebene einen Deich und ein paar Häuser so angeordnet, dass der Leuchturm von unserem Zelt aus nicht zu sehen war. Während es in der Gegend von Sankt-Peter-Ording fast unmöglich ist, dem Anblick unseres Thermoskannen-Nachbaus am Horizont zu entgehen, war es hier gelungen. Geschickt gemacht!

Schafweide Sankt Peter-Ording
Blick vom Campingplatz Biehl Richtung Nord – nicht im Bild: Leuchtturm Westerheversand!

Ein Versuch der Aufklärung

Was blieb uns anderes übrig, als zum Leuchtturm zu radeln und die Betreiber direkt vor Ort zur Rede zu stellen. Wir hatten aber schon bei Abfahrt das Gefühl, dass dieses nicht unentdeckt geblieben war. Spätestens kurz vor dem Turm, als wir die Möve mit dem einzelnen roten Bein sahen (ich sage nur: Leuchtturmfarben!), war uns klar: unsere Mission war möglicherweise längst aufgeflogen!

Der Vogel blieb jedenfalls auf seinem Spähposten und rührte sich nicht.

Möve Leuchtturm Westerheversand
Eine typische Spähmöve der Leuchtturmverschwörung- leicht an dem einzelnen roten Bein zu erkennen

Und so war es dann auch: das Tor zum Areal des Thermoskannen-Plagiats war geschlossen. Alles weiträumig abgesperrt. Was für ein Skandal! Ein paar improvisierte Schilder waren hastig angebracht worden. Offiziell natürlich wegen Corona. Doch angesichts der Weitläufigkeit konnten wir uns sicher sein, dass „die da“ das nur wegen uns gemacht hatten.

Leuchtturm Westerheversand, Farft gesperrt, Corona
„Angeblich“ wegen Corona geschlossen – Leuchtturm Westerheversand

Vielen Besuchern ging das so wie uns. Sie mussten trotz teilweise langer und unbequemer Anreise völlig überraschend draussen bleiben. Ganz ungewohnt und unbeholfen widmeten sie sich dem Lesen der Hinweistafel. Deshalb also war sie mal angebracht worden! Doch wer hätte ahnen können, dass wirklich einer drauf schaut. Ein ganz aussergewöhnliches Erlebnis. Ein analoges Schauspiel im Frontalunterrichtsformat, dass uns an Grundschulzeiten in der Mitte des 20. Jahrhunderts erinnerte. Geschichtsunterricht pur.

Dabei konnten wir noch eine weitere Auffälligkeit als Beweis sichern. Aus welchem Material ist unsere Thermoskanne? Aus Metall! Ihr ahnt es bereits: genau diesen Werkstoff unseres Entwurfes haben sie für den Turm 1:1 übernommen!

Besucher Leuchtturm Westerheversand, 2020, Warft gesperrt
Tafelstudium statt Geländebesichtigung

Nicht auf dem Bild, aber ebenso perfide: Die Fahrradständer am Aufgang zum Leuchtturm waren bodentief abgesägt worden. Wahrscheinlich wieder einmal nur wegen uns, um uns den Weg zur Aufklärung zu erschweren. Es wurden einfach alle Register gezogen. Ein wenig Trassierband in gängigem Leuchtturmfarbspiel rot/weiss hätte doch gereicht. Diese Farbkombi wird ja bereits ausserhalb von Leuchtturmgegenden erfolgreich eingesetzt.

Als wir die um uns stehende Menge über die Plagiatsaffäre informiert hatten, standen die Besucher ratlos um den Leuchtturm herum. Wir spürten ihre Betroffenheit und fühlten uns bestätigt. Es war ja so eindeutig!

Besucher Leuchtturm Westerheversand 2020
Menschenansammlung im Außengelände des Leuchtturms

Und wie haben sie versucht, den einmaligen Vakuumverschluss der Thermoskanne zu ersetzen? Das erschien uns unmöglich. Der Verschluss des schwedischen High-Tech-Konzerns ist nämlich so hochentwickelt, dass er sich den Nutzungsgewohnheiten anpasst und nur dann undicht wird, wenn er den größmöglichen Schaden erzielen kann.

Und richtig: es hatte nicht geklappt. Statt dessen positionierten sie eine große Kamerasensor-Blendungseinrichtung auf die Metallröhre. Übrigens, das sei nebenbei erwähnt, eine bereits vielfach genutzte und erprobte Methode. Sie soll abends und in der Nacht verhindern, dass Fotos vom unvollständigen Deckel der Flasche um die Welt gehen.

Aber was blieb uns übrig. Unverrichterter Dinge radelten wir zurück. Wir mussten uns – zumindest vorläufig – geschlagen geben!

Radfahrer, Strand, Sankt Peter-Ording
Radfahren am abendlichen Strand von Sankt-Peter-Ording

An diesem Abend und so manchem noch folgenden haben wir unseren Blick am Strand vom Themoskannen-Nachbau abgewandt, Richtung Westen geschaut. Leider gab es da leider nur Sonnenuntergänge, aber wir nahmen es in Kauf. Wir wollten einfach nicht weiter daran erinnert werden. Was bliebt uns auch anderes übrig….

Sonnenuntergang Strand Sankt Peter-Ording
auf dem Weg zum Strand – Sonnenuntergang in Sankt Peter-Ording

Was unbedingt noch erwähnt werden muss…

Als Kinder spielten wir gern mit kleinen farbigen Holzspießen. Wir nannten es Mikado. Am Strand konnten wir einige unserer durch Werfen der Holzstückchen entstandenen Muster wiederentdecken. Völlig eindeutig! Man hatte Häuser darauf gebaut und sie „Pfahlbauten“ genannt. Durften die das? Von unserem Originalwort „Mikado“ keine Spur mehr. Vergeblich suchten wir im neuen Duden nach „Mikadohäuser“, waren aber auch dort erfolglos. Sie hatten ganze Arbeit geleistet!

Nach unserem erfolglosem Leuchtturmbesuch sind wir aber inzwischen völlig entmutigt, hier auch noch einzugreifen. Ich hoffe, ihr versteht das!

Wir hoffen jetzt nur, dass ihr beim Betrachten der Leuchtturmbilder in Zukunft das ORIGINAL nicht vergesst: unsere grüne Thermoskanne.

Danke!

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7 Gedanken zu “Leuchtturm Westerheversand – eine dreiste Kopie!”