Farbe bekennen in Porto
Nach dem letzten Beitrag über das monochrome Porto muss ich doch noch einmal auf Farbe wechseln. Die Farbstimmung der Gebäude und ihrer Dächer wirken teilweise wie „komponiert“. Wie die Farbstimmungen des lokalen Getränks. Vielleicht erst mal ein Glas mit „3-4 Taylors“ Portwein füllen und dann weiter? Aber dazu später…
Manche Fassade sieht stilvoll aus. Aber ohne Dach nützt das wenig. Aus der Nähe betrachtet wirkt manches Gebäude viel prekärer.
Manche Dinge könnten eine eigene Geschichte erzählen. Aber welche? Wer hat diese Heiligenfigur auf dem ausrangierten Hocker angedrahtet? Und warum?
Und manches Kunstwerk wirkt in einem verfallenem Fenster besser als in einer Gallerie.
Aber lieber wieder zurück zu den schönen bunten Fassaden entlang des Duros. Herrliche Farben. Ein paar Impressionen:
Auch nachts wirken die Farben sehr konträr und gleichzeitig ausgewogen:
Ein Regentag mit Besuch am Strand
Ein Blick auf umliegende Dächer lässt vermuten, dass bei einigen Häusern die Regenschauer durch Decken und Wände fliessen.
Oder das Regenwasser nicht passend ankommt. Zum Beispiel sollte hier das Wasser sicher von oben durch das „kleine Graue“ ins „große Graue“ nach unten abfliessen. So wird das aber nichts!
Als der Regen nachlässt, machen wir uns auf eine Wanderung entlang des Flusses zum Meer nach Foz do Duro. Hier kann man die Kraft der Wellen des Atlantiks erleben. Schon bei wenig markantem Wetter klatschen die großen Wellen über die Barrieren hinweg.
Ein Fotografiemuseum mit Luft nach oben
Wenn es in einer Stadt ein Fotomuseum gibt, dann ist der Besuch für mich ein Muss. Das Gebäude des Centro Portugues de Fotografia – ein altes Gefängnis – hat durch seiner Vorgeschichte eine imposante Ausstrahlung. Um mit dem Positiven zu beginnen. Die gerade gezeigten Dauerausstellungen regionaler Fotografen/-innen konnte mich jedoch nicht überzeugen. Vielleicht sind die Sonderausstellungen besser. Leider gab es gerade keine.
Im obersten Stock kamen wir dann zu einer Vitrinenschau alter Fotoapparate. Strukturiert nach Alter oder nach Zweck lagen sie dort aufgebahrt. Ein näheres „Heranführen“ an die Thematik und die Entwicklungsgeschichte fehlte irgendwie.
Und der meines Erachtens „wunde Punkt“ der Ausstellung: ich fand keine einzige LEICA. Hatte ich sie übersehen? Leider war hier auch niemand, den man danach fragen konnte.
Und ein Museum der Fotografie ohne LEICA, den Erfindern der Kleinbildfotografie? Wie geht das denn. Wie soll ich das Claus erklären, der gerade auf seinem Blog über seinen Besuch im LEICA-Museum in Wetzlar geschrieben hat?
Aber was soll´s. Es gibt ja in Porto immer eine Sache, die man anschliessend geniessen kann: einen schönen Kaffee mit einem Pastel de Nata. Lecker! (Danke an Adriana für ihr vielen Tipps!)
Portwein-Probe bei Taylor´s – eine neue Maßeinheit für Bescheidenheit entdeckt
Schon beim abendlichen Blick sieht man ein Dutzend Neonreklamen mit den Labels bekannter Portweinproduzenten leuchten.
Ehrlich gesagt ist der süße Likörwein genauso wenig mein Ding wie die (überaromatisierte) herbe Variante. Aber einen Besuch eines dieser Produzenten darf man nicht verpassen. Gehört genauso zu Porto wie der Duro.
Automatisch musste ich daran denken, dass diese schönen Portweinfässer noch einen Nachnutzer haben können. Viele schottischen Whiskeys werden durch Lagerung in diesen Holzfässern mit weiteren Aromen veredelt.
Hier lohnt sich aus fotografischer Sicht auch noch kurz der Blick auf die Lichtmenge. Mit einem f/2.8-f/4.0-Kitobjektiv wäre man schon in einen ISO-Grenzbereich gerutscht.
Hatte ich oben erwähnt, dass ich nicht so ein richter Fan dieser Produkte bin? Bei der im Preis inbegriffenen Verkostung scheint man mir das angesehen zu haben. Zwei „Mini“-Schlückchen als Lohn für den langen Weg durch die Fassreihen, die Geschichte und die Produktion waren doch sehr dürftig.
Wir beschlossen, in unserer Familie eine neue Maßeinheit für kleine Flüssigkeitsmengen in Gläsern einzuführen: den „Taylor“. Oben im Bild zwei Gläser mit jeweils einem „Taylor“. Und wir waren uns einig, dass man Gästen mindestens drei bis vier „Taylors“ einschenken sollte… (ausser bei schottischem Whiskey natürlich)
Zurück zur Stadt und ihren zahllosen Geschichten. Blick aus dem Fenster. Wer malt im 4. Stock den Namen „Ricky“ auf die Wand? Wer soll das dort sehen?
Wieder eine Geschichte mit vielen Fragezeichen.
4 Gedanken zu “Buntes Porto”
Hallo Jürgen!
1.: Spitzenfotos! Bringen die Stimmung aus dieser Stadt authentisch herüber. Technisch ebenfalls brillant. Nachtaufnahme auch super gelungen.
2.: Museum – schockierend! Die Geschichte der Fotografie ohne Leica? Das ist wie Deutsche Geschichte, ohne Karl den Großen oder Bismarck zu erwähnen.
Gleichgültig, was man von Leica hält, da fehlt auf jeden Fall etwas. Vielleicht waren potentielle Ausstellungsstücke zu teuer… hatten die Rolleiflex da? Hasselblad?
Liebe Grüße,
Claus
Hallo Claus,
deine Fotos aus Wetzlar zeichnen ein Bild eines völlig anderen „Museums“-Konzeptes. Ein durchdachteres…
Vielleicht fehlten mir die Vitrinen mit alten Leicas auch nicht so sehr. Sie wären als Neuanschaffungen auch fast unbezahlbar. Aber wenn ich dort Fotoausstellungen sehen kann, dann ist ein gleichzeitiges Heranführen an den analogen und immer noch aktuellen Fotoprozess wichtig. Gerade bei anspruchsvollen Kunstprojekten ist der Negativfilm alles andere als tot. Mit dem Hinter-Glas-Stellen kommuniziere ich dem Besucher, dass das alles von „gestern“ wäre. Und das stimmt definitiv nicht.
Grüße
Jürgen
Hallo, Jürgen.
Ich bin tief beeindruckt. Und ja, Du hast Recht, Leicas gehören nicht ins Museum, die funktionieren doch noch.
Besser aber wie mit Deinen Bildern wird man diese Stadt nicht beschreiben können. Schön, dass Du diese Brücke so in den Mittelpunkt gerückt hast. Irgendwie erinnern mich die Bilder ein wenig an Hundertwasser- irgendwie unwirklich. Man muss sich gewiss zusammen reißen, um mal die Finger vom Auslöser zu nehmen, oder?
Lieber Gruß
Kai
Hallo Kai,
Porto kann ich Dir sehr empfehlen. Einfach etwas rumschauen …und auslösen. Ich frage mich allerdings, wie diese Stadt zu den Hauptferienzeiten aussieht. Sie ist schon sehr auf größere Tourismuskontingente (Kreuzfahrten etc.) eingestellt. Kommt auf einen Test an. Dazu liegt sie innerhalb Portugal schon recht weit nördlich, sodaß es für eine Nebensaison im November/Dezember im Vergleich zur Algarve schon etwas ungemütlicher werden könnte.
Liebe Grüße
Jürgen