Hochzeiten und Brennweite

Mal wieder Erfahrung gesammelt und meine Schlüsse daraus gezogen…

Alle, die sich mit Reportage – insbesondere Hochzeitsreportage – befassen, stehen vor einer großen Entscheidung. Welche Brennweiten sollte ich idealerweise dabei haben? Über die letzten fast zehn Jahre haben sich bei mir so einige Objektive angesammelt, sodaß nur eine Auswahl in den Rucksack darf. Aber welche?

Wer irgendwie etwas mit Fuji zu schaffen hat, liest sicher auch ab und zu den Fujirumors-Blog. So ziemlich zeitgleich schilderte Patrick von fujirumors seine Vorbereitung auf eine Hochzeitsfeier. Er stand vor demselben Dilemma. Es war besonders witzig zu lesen, wie sich das doch oft gleicht. Es gibt einen offiziellen Hochzeitsfotografen, aber… . Wie das halt so ist. Mein besonderes Interesse galt dabei in seinem Blog-Artikel den Fragen und Leserbriefen zum Thema Brennweite.

Ein ganz besonderes Fest

Vor ein paar Wochen war es (endlich) mal wieder so weit. Freunde und Verwandte trafen sich zur Trauung und anschliessenden Feier. Das Brautpaar hatte diesen Event wie viele andere mehrfach und länger verschieben müssen. Endlich war der große Tag gekommen.

Und wie das so ist… . Auch wenn professionelle Fotografen für die Kernzeiten bereits gebucht wurden, würde man doch gern von dem Drumrum auch noch ein paar Bilder haben. Also insgesamt eine typische Ausgangssituation für Hobbyfotografinnen und -fotografen.

Und? Das Fotografieren hat super viel Spaß gemacht! Zum einen waren die wichtigen Fotos durch Pros abgedeckt – das nahm dann jeglichen Druck und „Erfolgszwang“. Und ausserdem waren die – neuen und alten – Verwandten super nett. Alle Gäste mega entspannt und einfach nur eine tolle Atmosphäre. Da kann man eigentlich nicht viel anders. Der Auslöse-Zeigefinger juckte förmlich und man wollte unbedingt etwas von dieser Einmaligkeit einfangen.

Shooting mit Braut und Bräutigam

Fuji als Reportage-Equipment

Wenn man so einen Job übernimmt, muss man sich gleich im Klaren sein, dass es hierbei nicht um den Wunsch nach inszenierten Studioaufnahmen geht. Für das Brautpaar-Shooting ist eh ein anderer zuständig (dieser Kelch ging zu meiner Freude an mir vorüber). Reportage, das Einfangen von Momenten und Stimmungen ist gefragt. Und im Fuji-Universum würde ich das mit „Leichtigkeit“ bezeichnen. Als Gast passend gekleidet, immer mal wieder mit einer recht unauffälligen Kamera herumgehen und die Stimmung mit Schnappschüssen einfangen. Ehrlich gesagt fühle ich mich bei dieser Art von Fotografie besonders wohl. Man muss nicht aktiv in das Geschehen eingreifen, nichts unterbrechen, sondern kann sich auf das Wahrnehmen konzentrieren.

Ach ja… noch ein paar Bemerkungen zu den „Pros“ in ihrem klassischen schwarzen „Kampfanzug“-Outfit. Wahrscheinlich sind deren Fotos klasse – auch wenn ich noch keine gesehen habe. Nur manche aus der Zunft scheinen nicht zu verstehen, das sie selbst das Gegenüber sind, das die zu Fotografierenden während des Auslösens ansehen. Das macht doch auch etwas mit den Menschen auf den Bildern, oder?

So konnte ich aber auch schon ungefähr ahnen, welche Lücke sie in ihrer Fotoausbeute für mich lassen werden. Meine Lieblingslücke…

Professionelle Fotografen auf der Hochzeit
Professionelle Fotografen in ihrem Businessoutfit – sieht kompetent, aber auch dominant aus.

Und welche Objektive kamen zum Einsatz?

Ein nötiges Vorwort: Die ganze Aktion fand weit weg statt. Keine Location war mir bekannt und das meiste auch nicht brauchbar vorher zu scouten. Hotels, Stadt, Kirche, Partyort und am zweiten Tag private Räumlichkeiten und Garten immer wieder als neue Herausforderung und Überraschung. Vom LED-Licht der Kirche, bei dessen Frequenz der Silent Shutter der X-T2 sich die beliebten farbigen Balken einfing, über harten Sonnenschein bis zum lauschigem, abendlichen dunklen Parkambiente war alles dabei. Ausserdem waren mir die meisten Gäste unserer neuen Verwandtschaft bis dahin unbekannt und Englisch als gemeinsame Fremdsprache selbstverständlich. Eine Herausforderung, die auch bei der Objektivzusammenstellung erkennbar ist. Hatte am Austragungsort viel dabei. Manches konnte aber je nach Veranstaltung im Hotel bleiben.

Die Ausbeute:

  • 7% XF 14mm/f2.8 (21mm Kb)
  • 16% XF 16mm/f1.4 (24mm Kb)
  • 9% XF 18mm/f2 (27mm Kb)
  • 12% XF 23mm/f1.4 (35mm Kb)
  • 16% XF 35mm/f1.4 (50mm Kb)
  • 38% XF 56mm/f1.2 (85mm Kb) (jeweils in Klammern das ungefähre Kleinbild-Equivalent)

Und was sagt das?

Die Fujirumor-Leserschaft hatte für Patrick als Ratschlag die 23mm+56mm-Kombination. Ist wohl nicht meine.

Wie Ihr seht, waren 6 (!) verschiedene Brennweiten am Start. Im Weitwinkelbereich scharrt sich die größte Menge zwischen 16 und 23mm. 37% der Bilder summieren sich rund um die 18mm. Hätte ein gutes 18mm gereicht? Mein XF18mm/f2 ist für besondere Anlässe leider (schon?) zu schlecht. Es kann praktisch keine guten Gegenlichtaufnahmen mehr abliefern. Vermutlich liegt das an der dicken Staubschicht, die sich auf den einzelnen Linsenelementen inzwischen abgesetzt hat. Das streut das einfallende Licht viel zu stark.

Das XF23mm reicht mir aber definitiv nicht aus, finde das einfach nur langweilig. Ich gehe gern etwas näher dran und bevorzuge eine kleinere Brennweite. Von vielen Fotografen wird das 23mm ja als ultimatives Hochzeitsobjektiv gesehen, doch ich kann das für mich nicht bestätigen. Ich finde, dass es etwas weitwinkliger sein darf. Etwas mehr Weitwinkel bringt mehr Schwung in die Bilder, schafft mehr Nähe des Betrachters und gibt dem Foto so etwas mehr „kick“,

Das heisst aber nicht, dass ein 14mm noch besser wäre. Da werden die Bildverzerrungen schon zu deutlich sichtbar. Ein zu hoher Anteil macht eine Bildersammlung zu einseitig. Meine 7% Anteil sind schon sehr hoch. War aber auch ein Sonderfall. Am zweiten Tag habe ich spätnachmittags das Ding angesichts optimaler Garten-Lichtverhältnisse einfach noch länger auf dem Body gelassen. Wollte nicht mehr so schnell wechseln. Solange man bei den Motiven die seitlichen Ränder nicht zu sehr mit Inhalten füllt und ein auf- oder abkippen nicht zu sehr übertreibt, geht mit dem Ding motivtechnisch ja fast alles. Macht auch Spaß.

Kommen wir zum XF56mm. Was für ein Anteil: 38%. Ist und bleibt für mich sehr wichtig! Zum Einen war die Location groß. Das lässt viel Raum für ein Teleobjektiv. Zum anderen war ich durch das sehr selbstbewusste Auftreten der professionellen Fotografen irgendwie gehemmt, immer sehr nah an die Gruppen heranzutreten. Den Raum hatten bereits andere genügend eingenommen und strapaziert. Lieber mehr Distanz. Ein XF90mm habe ich übrigens überhaupt nicht vermisst. Finde das im Veranstaltungsbereich eher für Bühnen/Konzerte unabkömmlich.

Was bedeutet das für zukünftige Events?

Diese Analyse ist natürlich nur meine. Jeder hat einen persönlichen Stil und jede Feier ist einzigartig. Aber vielleicht könnt Ihr in Eurer Entscheidung etwas hiervon mitnehmen.

Vor mir liegt das neue XF18mm/F1.4! Genau das Objektiv, dass in guter Qualität meine persönliche Weitwinkelleidenschaft abdeckt. Es ist höchstwahrscheinlich der beste Kompromiss für meinen Stil zwischen 16 und 23mm.

Größenvergleich Fujinon XF18mm/f1.4, Fujinon XF23mm/f1.4 und Fujinon XF16mm/f1.4
Das nagelneue XF18mm/f1.4 als Kompromiss zwischen XF16/f1.4 und XF23mm/f1.4
Größenvergleich Fujinon XF18mm/f1.4, Fujinon XF23mm/f1.4 und Fujinon XF16mm/f1.4
Filtergrößen: XF16 mit 67mm gegenüber XF18 und XF23 mit 62mm

Das XF18mm/f1.4 R LM WR

Über die Abbildungsqualitäten des XF18mm/f1.4 brauche ich hier nichts zu schreiben. Das geht schon völlig in Ordnung. Allerdings ist die Größe und vor allem die Länge des Objektives für ein 18mm(27mm KB) schon gewaltig. Nicht unbedingt klobig – das Filtermaß ist mit 62mm genauso groß wie beim XF23 und damit deutlich kleiner als beim XF16 mit 67mm.

Doch die Länge der Linse ist erstaunlich, besonders im direkten Vergleich mit dem nur wenig lichtschwächeren XF18mm/f2. Es wird Gründe haben und ich vermute, dass besonders der neue, schnelle Autofocus seinen Platz braucht. Stromlos macht das Objektiv bei Bewegung auch das manchmal irritierende Geräusch loser Linsenelemente wie beim XF90mm. Aber auch wenn ein superschneller Autofocus für ein Weitwinkel nicht so ganz entscheidend ist, kann man ihn bei der Eventfotografie unbedingt gebrauchen.

Es freut mich persönlich besonders, dass das Objektive gedichtet ist. So entfällt das langsame aber unvermeidbare Verstauben der einzelnen Linsen.

Größenvergleich XF18mm/f1,4 R LM WR zu XF18mm/f2
Größenvergleich XF18mm/f1.4 mit XF18mm/f2

Und so ist das XF18mm länger als das XF56mm. Das irritiert mich und fühlt sich ein wenig falsch an. Aber ich vermute, dass dieses Gefühl schon nach dem nächsten Fotoeinsatz verflogen ist. Die Bilder des XF18mm/f1.4 sind einfach so viel besser gegenüber dem XF18mm/f2. Und man muss nicht mehr so um das availible light (z.B. Sonne) herumjonglieren, um eine Schwäche des Objektives zu vermeiden. Da ist das Neue schon deutlich erwachsener.

Größenvergleich XF18mm/f1.4 R LM WR  zum XF56mm/1.2 R
Meine neue Kombination für Anlässe wie Hochzeiten oder andere Events: XF18mm und XF56mm (plus XF35/f1.4 und XF14mm/f2.8)

Also wird demnächst bei Hochzeiten oder ähnlich gelagerten Feiern das XF18mm/f1.4 und das XF56/f1.2 im schnellen Zugriff sein. Das XF16mm und das XF23mm können dann Zuhause bleiben. Zusätzlich kommt als Ergänzung für besondere Situationen das XF14mm/f2.8 und das XF35mm/f1.4 mit in das Gepäck.

Man kann vorher ja nie wissen, wo man so landet…

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